[UPDATE] 29. April 2012:Interview mit Jesper Juul: Deutsche Eltern sind sehr gestresst.
Bereits vergangenes Jahr verwies ich auf ein Interview mit dem Familientherapeuten Jesper Juul. Da ich es auch mit Abstand betrachtet immer noch als eines der wertvollsten Gespräche halte, die ich in den letzten Jahren las, will ich an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen.
Einige Auszüge:
- …Kinder haben ja heute kaum noch Zeit für sich, sie haben keinen erwachsenenfreien Raum…
- …Bis neun, zehn machen die Kinder alles mit. Sie glauben, sie hätten die besten Eltern der Welt. Ab zwölf, dreizehn sagen manche: Fuck you, ich mache das nicht…
- …Politiker reden, als ob Bildung alle Probleme lösen könnte – und als ob unsere Gesellschaft keine Kellner oder Köche brauchte, sondern nur Akademiker … Man sollte aufhören, Kinder als reine Ressource anzusehen…
- …Kinder können von ihren Eltern nicht mehr lernen, wie man sich entspannt…
- …Kinder sollen folgsam sein. Damals, also in den fünfziger, sechziger, sogar in den siebziger Jahren, hat das irgendwie gepasst…
- … jede Zeit hat ihre Erziehung…
- …Dass die Idee der Konsequenz so erfolgreich ist, hat mit einem Missverständnis zu tun…
- …Ich kann nicht als Mensch inkonsequent sein und dann die Mutterrolle spielen und sagen, jetzt muss ich aber konsequent sein…
- …In Deutschland sind es acht bis zehn Prozent, würde ich sagen – die sollten so wenig Zeit wie möglich mit ihren Eltern verbringen, von Geburt an…
- …Belohnung, die postmoderne Version von Bestrafung, sollte man verbannen…
- …Wenn man ein Kind will, das einfach nur funktioniert, ohne nachzudenken, ist Lob eine praktische Sache…
- …Jahrelang waren Eltern sich ihrer Sache immer sicher, die Leitmotive der Erziehung waren Disziplin, Ordnung und Respekt. Für diese Sicherheit haben die Kinder einen hohen Preis bezahlt…
- …Die Super Nanny ist ja Erziehungspornografie – was man da sieht, ist so wenig Erziehung, wie Erotik ist, was man in Pornofilmen sieht…
- …es gibt keine glücklichen Kinder ohne glückliche Eltern…
- …Vielen dieser Kinder geht es in der Pubertät sehr schlecht. Sie haben keine Ahnung, wie man auf Enttäuschungen reagiert … Das sind diese Wattekinder. Die sind immer eingepackt und dürfen keiner Gefahr ausgesetzt werden…
- …sie brauchen Eltern, die sie führen. Es gibt so viele pädagogische Eltern. Neoromantiker, die nie Nein sagen und deswegen unheimlich viel reden müssen…
- …Das Problem ist ja, dass Kinder heute viel zu viel Aufmerksamkeit bekommen…
- …Es gibt zwei Sätze, die sehr wichtig sind. Der erste lautet: Wenn man im Zentrum steht, ist man immer einsam – das gilt nicht nur für Chefs, sondern auch für Kinder. Der zweite: Kinder fordern viel Aufmerksamkeit, aber sie brauchen nicht so viel, wie sie fordern…
Hier geht’s zum vollständigen Interview: Ich kämpfe täglich mit deutschen Müttern