Die Fehlerforschung der letzten Jahre ist geprägt durch die Perspektive, dass Fehler Ausdruck von Lernprozessen sind. Begründet wird dies vor allem durch die Arbeiten von Charles Read (1974), der durch Studien mit Vorschulkindern zu dem Schluss kommt, dass Kinder „eine unbewusste Kenntnis über das Lautsystem ihrer Muttersprache besitzen” und Laute mit bestimmten artikulatorischen Merkmalen korrespondieren (Siekmann / Thomé, 105). Eichler stellt an den ersten Texten von Vorschulkindern in Deutschland fest: „Nicht jede abweichende Schreibung ist ein … Fehler; im Gegenteil, die meisten abweichenden Schreibungen sind Ausdruck eines aktiven Lernverhaltens” (Eichler, 1991).
Balhorn erklärt als didaktische Konsequenz der qualitativ-strategieorientierten Fehlerforschung sinngemäß:
Es scheint geboten, (Rechtschreib)Lernen nicht als unmittelbare Folge von schulischem Unterricht zu verstehen, sondern als eigenständigen, aktiven Regelbildungsprozess des Lernenden. Wenig spricht dafür, dass Schüler richtig schreiben lernen, indem sie vorgegebene Regeln lernen. (Balhorn, 1983)
Den lernenden Schreibern sind also die Regeln unbewusst, die sie implizit anwenden.
Wichtig: Die Vorstellung von Phasen ist nicht gleichzusetzen mit Entwicklungsstufen, wie beim menschlichen Wachstum! Die Rechtschreibung „reift” nicht von alleine und ohne weiteres zutun „einfach so” heran.
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