Überforderungstests sind eine relativ neue Testform. Ich bin ihnen das erste Mal bei Peschel 2006 begegnet. Bei mir orientieren sich die darin enthaltenen Aufgaben an den Wissens- und Könnenserwartungen, die vom Schüler am Ende des jeweiligen Schuljahres erreicht werden sollten. Ein Überforderungstest enthält immer Aufgaben aus mehreren Jahrgängen, um die ganze Bandbreite des Leistungsspektrums in einer Klasse offen zu legen. Der Test hat diagnostischen Charakter, sollte also unbenotet bleiben, wird nicht angekündigt und könnte im Laufe eines Schuljahres in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Dazu wird entweder derselbe Test noch einmal ausgeteilt oder aber man tauscht einzelne Zahlen / Ziffern aus (dabei darauf achten, dass die Schwierigkeit der Aufgabe erhalten bleibt, z.B. Zehnerübergang). So lässt sich der Lernfortschritt gut dokumentieren. Erwähnen möchte ich noch, dass der Test ohne Zeitlimit durchgeführt wird. Auf diese Weise kann eher das Könnensniveau bestimmt werden als unter Zeitdruck.
Aus den Ergebnissen lassen sich zwei wesentliche Dinge ablesen: Was kann das Kind schon rechnen? Was kann es noch nicht? Und dies wiederum führt letztendlich zur Kernfrage: „Wo steht das Kind?“ Das ist eine hilfreiche Rückmeldung für das Kind und natürlich auch seine Eltern.
Unten sehen Sie den Test, den ich so ähnlich in „meiner” ersten Klasse schreiben ließ. Da ich hier einen etwas detaillierteren Blick auf die Entwicklung gewinnen wollte, habe ich den Test bei Klasse 1 um zwei wichtige Aufgabentypen ergänzt (Kettenaufgaben, Platzhalter).
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Nehmen wir einmal an, dass wir uns mitten im 1. Schuljahr befinden.
Beispiel 1: Ein Kind hat alle Aufgaben bei Klasse 1 richtig gelöst. Bei den Aufgaben für das 2. Schuljahr bewältigt es noch die Additionen, verrechnet sich aber bei den Subtraktionsaufgaben und lässt danach alle Aufgaben unbearbeitet. Was bedeutet das? Man kann davon ausgehen, dass das Kind bereits „jetzt” die arithmetischen Anforderungen für das Ende von Klasse 1 verstanden hat und typische Aufgaben – in der Regel – richtig rechnet. Die falschen Lösungen und die ab da fehlenden Aufgaben legen den Schluss nahe, dass sich das Kind momentan auf diesem Niveau bewegt.
Beispiel 2: Ein Kind rechnet außer den Minusaufgaben alle anderen richtig. Was bedeutet das zu diesem Zeitpunkt des Schuljahres, wo die Rechenzeichen bekannt sind? Vermutlich hat das Kind immer noch keine gesicherte Vorstellung von „Wegnehmen”, „Abziehen” etc. Dies kann in einem kurzen mündlichen Diagnosegespräch mit dem Kind herausgefunden werden.
Ausgehend von den beiden Beispiel kann ich mir nun im Rahmen der zweiten Säule des „Unterrichts bei mir” überlegen, wie ich die Kinder unterstütze. Das äußert sich beispielsweise in Angeboten und in der gemeinsamen Arbeit in einer Kleingruppe.
Ergänzung: Der Test liefert keine Hinweise über die angewendeten Rechenstrategien des Kindes, zum Beispiel zählendes „Rechnen”.