Ich bin derzeit Klassenlehrer eines ersten Schuljahres mit 23 Kindern in Rheinland-Pfalz (2012/2013). Die Schule, in der ich arbeite, ist eine „ganz normale staatliche Grundschule” zwischen Trier und Koblenz. Es gibt 8 Klassen mit ca. 170 Kindern.
Mein Unterricht basiert auf vier Säulen.
1. Säule: Gemeinsame Phasen im Stuhlkreis oder an der Tafel/Smartboard: Diese Zeit nutze ich für Inhalte, meist Übungen, die für alle Kinder relevant sind. Beispielhaft seien nur die Lautübungen in Klasse 1 genannt. Wichtig sind hier aber auch die gemeinsamen Reflexionsgespräche über das Klassengeschehen, Arbeitsergebnisse etc.
2. Säule: Freiwillige oder verpflichtende Kleingruppenarbeit: Dazu setze ich mich mit etwa 2–6 Kindern an einen Doppeltisch und arbeite mit ihnen in kleiner Runde. Meine Lernangebote sind dabei freiwillig. Nur selten nimmt das Lernangebot kein Kind an. Zur verpflichtenden Kleingruppenarbeit bitte ich die Kinder aber täglich abwechselnd und gezielt zu mir. So kann ich mit ihnen passgenau an einem Thema arbeiten, bei dem ich Entwicklungsbedarf sehe.
3. Säule: Kennzeichnendes Merkmal ist hier die einleitende Frage „Woran möchtest du jetzt arbeiten?” Entscheidungsschwachen Kindern gebe ich eine Auswahl aus ein bis drei Arbeitsideen. Diese Säule bringt die Kinder in die Selbstständigkeit und führt im Idealfall am Ende von Klasse 4 zur Eigenverantwortung (*). Letztere definiere ich als eine Arbeitshaltung von Lernen, die sich in einem Satz ausdrückt wie etwa „Ich WILL lernen, auch wenn du, lieber Lehrer, nicht da bist. Habe ich Schwierigkeiten hole ich mir Hilfe und gebe nicht sofort auf!” Bei der Reflexion dieser Arbeitsphase sage ich oft „Schule ist kein Ponyhof” und versuche auch damit das Lernen hoch zu halten.
4. Säule: Elternarbeit, Elternarbeit, Elternarbeit… regelmäßige freiwillige Treffen mit allen, Einzelgespräche, schriftliches Feedback, Informationsbriefe etc. Manche Eltern vertrauen Lehrern nicht per se – warum sollten sie auch? Dieses Vertrauen muss man sich als Lehrer mühsam erarbeiten. Ohne Elternarbeit bröseln die ersten drei Säulen schneller dahin als einem lieb ist!
Vormittags stehen die ersten drei Säulen gleichwertig nebeneinander. Jeder „normale” Arbeitstag besteht aus allen drei Säulen, die zeitlich verschieden lang ausfallen und im Falle von Säule 2 und 3 parallel stattfinden.
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