Kürzlich erreichte mich eine Mail von einer befreundeten Kollegin aus einer Grundschule in Deutschland – nicht dieselbe, die von ihren „erhellenden Momenten” schrieb. Darin beschreibt sie von einer Erfahrung, die sie auf ihrem ersten Elternabend als Mutter erlebte.
Vor ein paar Tagen nahm ich als Mutter meines Kindes zum ersten Mal an einem Elternabend für die kommenden Erstklässler teil – diesmal aber auf „der anderen Seite”. Ich saß in der Elternrunde und lauschte den Ausführungen der KITA- und der Schulleitung über ihre Arbeitsweise, die sich mittlerweile sehr offen gestaltet.
Dann eine Wortmeldung einer bereits recht aggressiv wirkenden Mutter:
„Ich habe neulich mit Entsetzen hören müssen, dass das offene Arbeiten den Kindern jetzt auch an manchen Schulen zugemutet wird … dieses offene Arbeiten, eigenständiges Lernen oder so! … Schrecklich!”
Ich drehe mich zu ihr um und frage sie interessiert:
„Haben Sie damit schon Erfahrungen machen dürfen? Haben Sie bereits einen oder mehrere Vormittage in diesen Unterricht ‘reinschauen’ dürfen?”
Sie (ebenso aggressiv wie zuvor):
„Nee, das nicht – aber ist das nicht schrecklich?”
Diese Bemerkung habe ich so im Raum stehen lassen in der Hoffnung, dass deutlich wurde, dass diese Mutter ohne jegliche Grundlage und sehr wahrscheinlich auch ohne sich überhaupt die Mühe zu machen, sich wirklich zu informieren, über diese Arbeitsweise urteilt.
Eine gewisse Angst bzw. Unsicherheit als Mama kann ich sogar sehr gut nachvollziehen. Und ohne jegliches Vertrauen in sich, in die Lehrkräfte und ins eigene Kind, wandelt sich diese Unsicherheit vielleicht auch schnell in Aggressivität um?!
Ich schreibe schon seit längerem einen Artikel darüber, wie wir auf Ängste, Sorgen und Unsicherheiten von Eltern eingehen können. Transparenz, wie auf diesem Elternabend geschehen, ist sicherlich ein Element dessen, wobei man selbst mit maximaler Transparenz auch weiterhin einige Eltern nicht erreichen wird. Ich hoffe, dass ich den Artikel bald mal fertig bekomme 😉
Es besteht weiterhin das große Problem, dass man unter dem Begriff „offener Unterricht” eine Vielzahl von Ausprägungen versteht. Was für den Einen offen ist, ist es für einen Anderen nicht mehr. Offenheit wird, so meine Erfahrung, sehr schnell mit Beliebigkeit verwechselt. Es steckt zudem das Bild in manchen Köpfen, dass wir als Lehrer zu allem, was Kinder tun, ‘Hurra’ schreien würden: „Das hast du aber toooll gemacht!” Gleichzeitig führt der Begriff auch bei LehrerInnen zu verschiedenen Vorstellungen. Hier kann das Bestimmungsraster für offenen Unterricht weiterhelfen. Weitere Informationen habe ich auch im Artikel Fragen und Antworten verfasst.