Computer sind aus den Schulen von heute nicht mehr weg zu denken. Wer allerdings schulintern beauftragt ist, zehn oder mehr Rechner zu warten, die als „Einzelplatzcomputer” eingerichtet (worden) sind, weiß, dass das sehr zeitaufwendig ist! Updates einspielen, Probleme lösen, Software installieren… das alles kann auch bei nur wenigen Computern lästig werden. Und ich, der ich mich in der Schule um die PCs kümmere, bin ja hauptberuflich als Lehrer in der Grundschule tätig und nicht als „IT-Servicekraft”.
Schon seit längerem war ich daher auf der Suche, wie ich die Computerwartung vereinfachen kann. Die Lösung bot sich im Februar 2015 an, als die Raspberry Pi Foundation den neuen Einplatinencomputer Pi 2 veröffentlichte. [Nachtrag: Mittlerweile gibt es auch schon den Nachfolger nämlich den Raspberry Pi 3 (schneller 1.2 GHz Prozessor statt 900 MHz beim Pi 2, WLAN, Bluetooth etc. zum gleichen Preis wie der Vorgänger!)]
Vorteile sind:
- sehr preisgünstig (ca. 35–40€ für einen Computer bzw. etwa 80€ inklusive Tastatur, Maus, SDHC-Karte (ab 8GB), Gehäuse, Netzteil, Monitorkabel + eventuell muss noch ein Monitor hinzu bestellt werden)
- platzsparend (so groß wie eine Zigarettenschachtel, siehe Fotos unten)
- lautlos
- alles Notwendige wird vollautomatisch erledigt
- wartungsarm. Dazu wird das Betriebssystem – ich nutze Raspbian – einmal gründlich und ordentlich eingerichtet. Anschließend wird ein Backup des Systems angefertigt und dieses dann auf alle anderen SDHC-Karten kopiert. Fertig! Sollte einmal ein Raspi (Abk. für Raspberry Pi) nicht mehr starten oder sonstige Probleme haben, genügt es, das erstellte Backup (Image) wieder auf die SDHC-Karte zu spielen und in den Raspi einzulegen, was insgesamt nur ein paar Minuten dauert. Da von den Kindern erstellte Dokumente auf einem Server gespeichert werden, muss man sich um besondere Daten auf dem Raspi nicht mehr weiter kümmern.

Nachteile können sein:
- Es funktionieren keine Programme, die unter Windows laufen.
- Adobe Flash funktioniert nicht. Leider wird Flash immer noch auf viel zu vielen Webseiten eingesetzt, aber es werden zum Glück immer weniger!
- Man muss ggfs. mit dem Kollegium ein „Medienkonzept” erarbeiten, das darauf zugeschnitten ist, dass es von den Raspis technisch bewältigt werden kann. So genannte „Lernsoftware”, die man käuflich erwerben muss, funktioniert meistens nur mit Windows! Ich habe sehr, sehr viel „Lernsoftware” in den letzten 15 Jahren schon gesehen und finde 98% davon einfach grauenhaft.
- Es kann ein wenig Zeit kosten, um das Kollegium vom Nutzen einer Umstellung zu überzeugen und um ggfs. ein „Medienkonzept” zu entwerfen.
Das Kollegium mitnehmen – nur wie?
Die meisten Lehrer sind Gewohnheitstiere. „Neues? Oh nee, muss nicht sein! Und wer weiß, ob ich das bewältige?! Hab ja mit den jetzigen Computern schon Mühe und Not!” Um das Kollegium mitzunehmen, müssen also wenigstens zwei Ebenen berücksichtigt werden:
- Wie kann ich Ängste nehmen? und
- Wie mache ich die Vorteile zum derzeitigen Stand schmackhaft?
Hierzu nur ein paar Stichworte: endlich kann ein Schüler von jedem Computer ein zuvor bearbeitetes Dokument öffnen/speichern (Speicherort: BananaPi-Server), immer ein „sauberer” Desktop (regelmäßige cronjobs, die den Desktop, Bookmarks im Browser etc. resetten), evtl. Schutz der Schüler durch einen Contentfilter, Spieleseiten sind durch das fehlende Adobe Flash nicht nutzbar, energiesparend (nur ca. 3 Watt pro Rechner), kostengünstig, geräuschlos, keine Temperaturentwicklung im Raum, bei einem Defekt schnell austauschbar (Speicherkarte wechseln), jederzeit verfügbar (Raspis werden nicht heruntergefahren), Kontrollmöglichkeit der PCs durch den Lehrer, Multimedia kann genutzt werden etc. Außerdem: Die LXDE-Oberfläche wird den Meisten sehr wahrscheinlich vertrauter sein, als der Umstieg von Windows 7 auf Windows 8 oder 10. Viele nutzen Linux in ihrem Smartphone etc.
Die ersten technischen Schritte…
Zunächst kaufte ich vier Raspis und testete sie mehrere Wochen lang im Schulalltag. Einen der Raspis richtete ich dazu als Server ein. Nachdem ich nun für mich feststellen konnte, dass ich sehr wahrscheinlich mit einem Raspi-Schulnetzwerk sehr viel Zeit für die Wartung einsparen dürfte, ging es daran, das Kollegium für die neuen Computer zu begeistern. Hilfreich war hier das Argument, dass ja nicht alle Windows-Rechner abgebaut werden würden, sondern ein paar stehen bleiben sollten. Erstaunlicherweise ging dann alles ganz schnell, so dass ich neun weitere Raspis mitsamt benötigtem Zubehör orderte. Zum Zubehör zählen unter anderem mehrere schaltbare Steckdosenleisten, Netzwerkkabel, ein paar SDHC-Karten mehr (siehe auch unten!!), ein weiterer Switch etc.
Da ich als Server einen etwas stärkeren Rechner haben wollte (Gigabit-LAN), bestellte ich noch einen Banana Pi, auf dem die Raspi-Clients die von den Kindern erstellten Dokumente abspeichern würden (Samba Fileserver). Als Image verwendete ich für den Server Armbian (siehe Download unten). Den Server habe ich zur Sicherheit in einen anderen Raum gelegt und einen USB-Stift eingehangen. Darauf werden täglich automatisiert Backups aller relevanten Daten der SDHC-Karte des Servers angefertigt. (Anmerkung: Zweifelsfrei ist es sinnvoller, Backups auf einer Festplatte anzulegen. Was mich bisher davon abhält, ist die Menge an Daten, um die es hier geht. Wir bewegen uns für alle(!) Schülerdokumente im Bereich von ein paar Megabytes, wohingegen Festplatten für viele GB ausgelegt sind.)
Insgesamt hat die Schule bescheidene ca. 1300 € für jede Menge Zubehör und 14 neue Rechner bezahlt, die wartungsarm, flüsterleise und für Kinder auf das Wesentliche reduziert sind. Vier der alten Windosen sind im PC-Raum verblieben, falls doch einmal Windows Software installiert werden muss. Nachtrag: In der Zwischenzeit besteht das Netzwerk aus 16 Raspis mit Zugriff auf den BananaPi-Server, vier Windosen und einem Netzwerkdrucker.
Ein paar Tipps
Feste IP-Adressen vergeben (im Router oder im Betriebssystem selbst). Dann kann am Smartphone mit Hilfe einer App, z.B. Fing überprüft werden, welche Rechner gerade nicht im Netzwerk hängen sollten.
Mit RaspiCheck können Statusanzeigen jedes Raspi-Clients abgerufen und sie auch heruntergefahren werden.
Mittels eines ssh-Clients kann man sich vom Smartphone aus auch auf jedem Rechner im Netzwerk einloggen. Das ist ganz hilfreich, wenn ich vom Lehrerzimmer oder meinem Klassenraum aus etwas überprüfen möchte.
Fotos
Wie man sehen kann, hängen an den VESA-Bohrungen der Monitore so eine Art von „Ablagen”. Der Hausmeister der Schule hatte diese großartige Idee! Er zersägte, wenn ich mich nicht täusche, eine herum liegende Regenrinne(??) in etwa 30 cm lange Stücke und bohrte jeweils zwei Löcher hinein. Im Baumarkt habe ich dann passende Schrauben gekauft und die Stücke an den Monitor gehangen. Damit die Raspis nicht mehr ständig herunter fallen – Was Kinder nicht alles anstellen?! 😉 – habe ich sie mit einem Kabelbinder so fixiert, dass sie am Monitor hängen bleiben, sofern ein Kind wieder einmal mit etwas zu viel Kraft an der Maus ziehen sollte.
Derzeit teste ich verschiedene Netzteile aus. Die von der Firma Pollin empfohlenen „Standard”-Netzteile haben sich im Schulalltag nicht bewährt, da sich die Steckerverbindungen am Raspi zu leicht verbiegen lassen.




Erfahrungen
Nach nun ca. einem Jahr mit diesem Netzwerk kann ich folgendes festhalten:
- Es läuft immer noch! 😉
- Mit der neuen PIXEL-Oberfläche (Raspbian vom August 2016) laufen die Clients noch geschmeidiger. Auch Videos in Webseiten laufen dank Chromium endlich wie geschmiert! Sehr schön auch, dass die Suchmaschine von FragFinn www.fragfinn.de ein Update erhielt, die noch besser mit den Raspis läuft! Blindekuh.de ist nach wie vor noch hakelig, aber zugegeben auch SEHR überladen!
- Als Speicherkarten verwende ich nur noch die Sandisk Ultra bzw. Extreme. Andere Fabrikate haben sich leider nicht bewährt.
- Es war besser Netzteil mit separaten Kabeln zu kaufen, statt wie ursprünglich Netzteile mit fest verbundenen Kabeln zu verwenden. Als unkompliziertestes Netzteil haben sich bewährt: Anker oder RAVpower, beide mit 24W und 2‑Port. Als Kabel vom Netzteil zu den Clients haben sich bewährt: Syncwire – die mit lebenslanger Garantie. Gekauft habe ich die Teile bei Amazon.
Wichtige Einstellungen auf dem Banana Pi-Server
- Damit der Server immer unter derselben Adresse erreichbar ist, sollte ihm eine feste IP-Adresse vergeben werden! (siehe unten)
- Samba-Fileserver und Freigaben einrichten!
- Auf dem Server habe ich mehrere kleine Skripte abgespeichert, auf die die Raspis zugreifen können (cronjobs). Zum Beispiel: automatische Updates, Neustart von lightdm vor 8 Uhr, alle Desktopeinstellungen wiederherstellen etc.
- Es werden täglich Backups von den Schülerdokumenten angelegt.
- Contentfilter
Einige Einstellungen auf den Raspi-Clients
In der Grundschule habe ich darauf verzichtet, jedem Kind einen eigenen Account zu erstellen. Es ist viel zu müßig, immer vergessene oder wieder verloren gegangene Passworte zu reaktivieren usw. Stattdessen starten alle Raspis mit dem Nutzer „pi”. Sollte nun irgendein Kind in den Daten von anderen Kindern herumpfuschen, könnte ich aufgrund des täglichen Backups alle Dokumente wiederherstellen. In dem letzten Jahr war das genau KEIN Mal notwendig!
Feste IP-Adressen
$ sudo nano /etc/network/interfaces
In einer der ersten Zeilen das Wort „dhcp” nach „static” abändern:
iface eth0 inet static
$ sudo nano /etc/dhcpcd.conf
Folgendes eintragen:
interface eth0 static ip_address=192.168.x.x/24 static routers=192.168.x.y static domain_name_servers=213.73.91.35 85.214.20.141 8.8.8.8
Die letzte Zeile kann auch weggelassen werde. Ich habe da nur ein paar alternative DNS eingetragen, statt auf den DNS des Providers zuzugreifen. Bei x.x und x.y die gewünschte IP-Adresse bzw. die des Routers eintragen.
Proxy einstellen
Sollte ein Contentfilter benutzt werden, müssen die Clients darauf zugreifen!
$ sudo nano /etc/profile.d/proxy.sh
export http_proxy=http://192.168.y.y:3128 export https_proxy=$http_proxy # export ftp_proxy=$http_proxy # export rsync_proxy=$http_proxy export HTTP_PROXY=$http_proxy export HTTPS_PROXY=$http_proxy # export FTP_PROXY=$http_proxy # export RSYNC_PROXY=$http_proxy
Bei y.y wird die korrekte Adresse des Banana Pi-Servers eingetragen.
Download
Empfehlenswert ist die Seite Armbian, von wo aktuelle Images für diverse Einplatinencomputer bzw. den Banana Pi, den ich u.a.als Fileserver eingerichtet habe (siehe oben), herunter geladen werden können.
Bezugsquellen
Alle notwendigen Teile habe ich bei Pollin und Völkner bestellt. Auf Anfrage per E‑Mail richten die beiden Firmen einer Schule ein „Geschäftskundenkonto” ein. Damit kann man dann auf Rechnung bestellen. Ich handhabe es so, dass ich mir den Warenkorb voll mache, einen Screenshot erstelle und diesen dann an den Händler schicke.
Links: Raspberry Pi, Raspberry Pi Forum
Dieser Artikel wurde aktualisiert am 3.10.2016.