Eine Möglichkeit, um das Leseverständnis auf Satzebene (= ein grammatikalisch vollständiger Satz) zu dokumentieren, bietet der sogenannte Stolperwörter-Lesetest. Man unterscheidet Satz- und Textebene voneinander. Leseverständnis auf der Textebene untersucht, inwieweit es dem Leser gelingt, Zusammenhänge in einem gesamten Text zu erfassen und zu beurteilen.
Ich entwarf neulich einen Stolperwörter-Lesetest mit 10 Sätzen und ließ ihn vor zwei Wochen schreiben. Die Kinder hatten unbegrenzt Zeit, weil ich besonderen Wert auf das Leseverständnis legte und nicht messen wollte, wie sie mit dem Zeitdruck zurecht kommen.
Testprinzip: In jedem Satz steckt ein Wort, das da nicht hingehört.
Ich gehe zu nach Hause.
Aufgabe ist es, das falsche Wort zu erkennen und es durchzustreichen.
Ich gehe zu nach Hause.
Allen 16 Kindern, die im ersten Test drei oder mehr Fehlerwörter nicht fanden, gab ich ein 18-seitiges „Silben-Lesetraining” mit. Dies stellte ich aus Materialien zur Tobi-Fibel und eigenen von mir erstellten Übungen zusammen. Das Training bearbeiteten die Kinder in der Schule und zu Hause. Genau zwei Wochen später ließ ich den selben Test noch einmal schreiben. Die Hoffnung war, dass sich die Leseleistungen durch das Silben-Lesetraining verbessert haben.
Folgendes Ergebnis kam zustande:
Durchschnitt: 7,8 Fehler gefunden (vorher im ersten Test: 6,7)
Streuung: 4 bis 10 (vorher: 4 bis 10)
Jungen: 7,4 (vorher: 6,5)
Mädchen: 8,2 (vorher: 6,8)
Folgendes lässt sich aus den mir vorliegenden Ergebnissen formulieren:
Die Leseleistung ist im Vergleich zum ersten Test im Durchschnitt gestiegen (von 6,7 auf 7,8). Im Vergleich zum ersten hat sich im zweiten Test nur ein Schüler verschlechtert. 8 Kinder veränderten sich nicht, wobei hierzu auch ein Kind zählt, das in beiden Tests alle Fehler fand. Insgesamt verbesserten sich 12 Kinder. Bei 6 Kindern, die das Lesetraining absolvierten, blieb das Leseverständnis gleich. Allerdings konnten immerhin 2 dieser Kinder ihr Lesetempo deutlich erhöhen. 9 Kinder haben ihre Leistung nach dem Silbenlesetraining verbessern können! Das Lesetraining scheint sich positiv auf das Leseverständnis ausgewirkt zu haben.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Nach dem Lesetraining haben 11 von 16 Kindern, die das Lesetraining absolvierten, entweder ihr Leseverständnis und/oder zumindest ihr Lesetempo steigern können.