Der Sinn und Unsinn von Hausaufgaben für den Schulerfolg wurde bereits in der Wissenschaft mehrfach diskutiert und in Studien überprüft. Über den Einfluss dieses pädagogischen Rituals auf die Leistungen der Schüler liegen schlussendlich keine eindeutigen Ergebnisse vor! Obwohl der Zusammenhang zwischen Hausaufgaben und schulischen Leistungen also keineswegs kausal ist, besteht bei vielen Eltern der Wunsch nach diesem pädagogischen Ritual.
Welcher Art könnten Hausaufgaben nun aber sein, dass sie für die Schüler von einem gewissen Wert sind? Welcher Art sollten Hausaufgaben sein, dass sie für alle Schüler gleichermaßen von Wert sind?
Die zweite Frage lässt sich leichter beantworten als die erste. Die Hausaufgaben sollten so gestellt sein, dass sie jedes Kind auf seinem persönlichen Niveau erreichen. Kann das aber ein Arbeitsblatt mit denselben Aufgaben für alle leisten? Wohl kaum. Die Kinder müssen vielmehr Raum erhalten, wo sie „nach oben hin” bzw. im Arbeitsumfang nicht künstlich gedeckelt werden bzw. sich individuell abarbeiten können. Die erste Frage ist weit schwieriger zu beantworten, weil sie neben der grundsätzlichen „Form der Hausaufgaben” auch erfordert, in den schulischen Teildisziplinen zu denken. Ich will es an dieser Stelle aber kurz halten und mich nicht in die verschiedenen Formen vertiefen. Den einzigen Sinn von Hausaufgaben sehe ich darin, Gelerntes zu wiederholen bzw. darin schneller zu werden. Nur was ist Gelerntes? Gelernt ist mit Sicherheit nicht, ein am Vormittag vom Lehrer dargebotener Unterrichtsinhalt! Gelernt meint hier das, was man selbst verstanden hat im Sinne einer Fähigkeit oder wie es so schön seit einiger Zeit heißt „Kompetenz”. Gelernt ist also das, wo man zu einer Erkenntnis gelangt ist, zum Beispiel die Erkenntnis, wie ich 46 – 27 rechnen könnte. In Japan, so erzählten mir japanische Lehrer während meines Aufenthalts Ende der 90er Jahre, wird in den Schulen im Vergleich zu Deutschland weniger Wert auf das pausenlose Üben des „Schemas F” wert gelegt. Dort geht es, wie in anderen Staaten, die bei internationalen Leistungstests weit vorne abschneiden eher darum, mathematische Probleme zu lösen, in Gruppen kreative Problemlösungen zu erarbeiten. Das schematische Üben, d.h. das automatisierte Einüben einer gelernten Fähigkeit, erfolgt stattdessen privat und am späten Nachmittag in der „Hausaufgaben-Nachhilfe”.
Wie lassen sich nun bestimmte Fähigkeiten in den einzelnen Fächern automatisiert üben?
Für die Rechtschreibung bietet sich beispielsweise das sogenannte Lerntagebuch an, wenn nach dem täglichen Eintrag auf einzelne Fehler eingegangen wird. Dies geschieht auf ganz unterschiedlichen Niveaus, weil jedes Kind mehr oder weniger lang schreibt und mehr oder weniger Rechtschreibfehler macht. Im quasi automatisierten Umgang mit dem Wörterbuch lassen sich tägliche Wettbewerbe gegen die Zeit machen: Wie viele zuvor aufgeschriebene Wörter finde ich zum Beispiel in 10 Minuten? Auch das Abschreiben ließe sich so üben: Wie viele Wörter schaffe ich in 5 Minuten aus einem Text, den ich mir selbst aussuche, sauber abzuschreiben? Im arithmetischen Bereich könnten das Aufgaben sein, die verschiedene Lösungswege eröffnen und abhängig auch vom Leistungsniveau jedes Kindes verschieden umfangreich ausfallen.
Sehr hilfreich halte ich beim automatisierten Üben die Uhr. Wenn ein Kind sich über einen gewissen Zeitraum mit einer Sache beschäftigt und dabei feststellt, dass es besser wird (mehr schafft als noch vor 2, 4, … Wochen), wird das zu einem wichtigen Faktor von Motivation!
Zusammenfassend halte ich fest
Hausaufgaben machen in meinen Augen nur Sinn, wenn sie alle Kinder individuell ansprechen und dazu dienen, erworbene Fähigkeiten schneller abzurufen. Die Motivation am automatisierten Üben kann dadurch gesteigert werden, dass die Uhr als „Wettkampfpartner” den Leistungszuwachs dokumentiert.
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