Neulich fand ich mein altes Schreibheft aus der 1. Klasse. Ich war überrascht, wie sauber ich schon wenige Monate nach Schulbeginn schreiben konnte. Erstaunt war ich zudem darüber, dass wir schon sehr früh mit der lateinischen Ausgangsschrift angefangen haben. Als ich Lehrer wurde, begannen die damals ältesten Kolleginnen und Kollegen frühestens in Klasse 2 mit der Schreibschrift. Mittlerweile ist das Ziel für die Handschrift in Rheinland-Pfalz nur noch formuliert als: „eine gut lesbare Handschrift flüssig schreiben” zu können. Die Schüler können, sie müssen also nicht eine Schreibschrift erlernen.
Interessant finde ich hier das Wort „flüssig”. Was ist damit eigentlich gemeint? Flüssig ist die Tinte im Füller, aber wie funktioniert ‚flüssig schreiben’? Ist hiermit vielleicht eher „fließend” gemeint? Wenn es fließend wäre, müsste es dann aber nicht eine Schreibschrift sein? Wie soll die Schrift fließen, wenn sie nach jedem Buchstaben abgesetzt werden muss?
Ich habe in den letzten zwei Durchgängen das Erlernen der Schreibschrift im Sinne des Rahmenplans frei gestellt. Es gab einige Kinder, die sich darauf gestürzt haben, während die eher etwas grobmotorischen, kein Interesse daran zeigten. Im nächsten Durchgang ab Klasse 1 bin ich mir noch nicht sicher, ob ich nicht vielleicht doch die lateinische Ausgangsschrift verpflichtend machen sollte.
Erwähnt sei, dass nicht alle Kinder so sauber geschrieben haben. Das sage ich deshalb, um der allgemeinen Aussage „Früher war alles besser” entgegen zu wirken!