Mathematik ist eines der schlimmsten Fächer für sehr viele Schüler. Ein Grund ist sicherlich der, dass es mit „stupidem Rechnen” assoziiert wird und selten einen für den Schüler erkennbaren Bezug zum eigenen Leben im Hier und Jetzt hat – einmal abgesehen von Klassenarbeiten, die langfristig gesehen aber ein durchschnittlich begabtes Kind nur eher schwach motivieren, intrinsisch gesteuert Mathematik zu lernen. Professor Beutelspacher hat sich zur Aufgabe gesetzt, Mathematik wieder zu einem interessanten Fach werden zu lassen, an dem die Schüler Freude haben und lernen, ihren Kopf einzuschalten bzw. zu denken.
Frage: Machen die Schulen, machen die Lehrer etwas falsch, was das „Horrorfach“ angeht? Und wenn ja, was schlagen Sie, der Sie ja auch Lehramtskandidaten unterrichten, als „Maßnahmen“ vor?
Antwort Beutelspacher: Ich gehöre nicht zu denen, die auf die Lehrerinnen und Lehrer schimpfen. Es scheint aber so zu sein, dass jedenfalls der traditionelle Mathematikunterricht die meisten Schülerinnen und Schüler ratlos zurücklässt. Sie haben an keiner Stelle die Chance gehabt, sich mit irgendeinem Aspekt des Mathematikunterrichts zu identifizieren. Daher müssen wir Gelegenheiten für solche Identifizierungsmomente schaffen. Man kann Experimente machen, man kann Knobelaufgaben lösen, man kann die Mathematik in der Natur entdecken, man kann über Anwendungen reden, man kann die Geschichte präsentieren und so weiter. Ich bin überzeugt: Wenn es solche Momente auch nur wenige Male pro Schuljahr gibt, dann ändert sich die Einstellung der Schülerinnen und Schüler zu Mathematik beträchtlich.
Quelle: Südkurier (der genaue Artikel ist leider nicht mehr online)
In der Tat ist es so, dass Mathematik einer Schule des Denkens entspricht. Es ist von der Wortbedeutung her das Lern- und Denkfach schlechthin. Konzeptionell dominiert in der Schule aber ein stoff- und fertigkeitsbezogener Unterricht mit kaum vorhandenen reflexiven Momenten. Es wäre dringend angeraten, Mathematikunterricht nach kognitionstheoretischen Kriterien auszurichten. Vergleiche auch den Vortrag „Mathematikdidaktik für die Grundschule zwischen Design, Diagnostik und Realisierbarkeit”, These: Die Basis von Mathematikunterricht müssen künftig die Eigenproduktionen der Kinder sein, wenn Mathematik langfristig positiv wirksam sein will. In: Perspektiven für einen künftigen Mathematikunterricht
Wer einen Eindruck gewinnen möchte, wie spannend Mathematik wirklich sein kann, schaut in die Videos mit Prof. Beutelspacher hinein.
- Mathematik zum Anfassen
- Spannende Experimente
Beutelspacher ist Professor für Mathematik an der Universität Gießen und Direktor des Museums Mathematikum. Ein Motto des Mathematikums lautet: Mathe macht glücklich, auch wenn viele Erwachsene das bedauernswerterweise eher als Provokation auffassen. 😉 Wer einen Tag lang in Gießen sein sollte, muss(!) sich unbedingt einmal das Mathematikum ansehen!