Hannelore Zehnpfennig, die (im Jahr 2004) 72jährige pensionierte Grundschullehrerin, entwickelte in den 80er und 90er Jahren ein eigenes Konzept offenen Unterrichts. Über 15 Jahre lang erprobte sie es in der Unterrichtspraxis. Anfangs kämpfte sie um das Konzept noch mit Eltern und anderen in der Schule tätigen Personen. Trotz aller Widerstände ließ sie sich von ihrem Weg nicht abbringen. Später wurde ihr Unterricht von der zuständigen Schulaufsichtbehörde als vorbildhaft vorgestellt.
In ihrem Unterricht änderte sie Strukturen, die in der modernen Pädagogik mittlerweile selbstverständlich sind und auch von der Forschung gut begründet werden können:
- die Kinder gestalten ihren Unterricht selbst
- freie Sitzordnung
- kein 45-Minuten-Rhythmus
- frühe Förderung der individuellen Fähigkeiten durch offene Gruppenarbeit
Hören Sie das 25-minütige Interview mit Hannelore Zehnpfennig auf WDR 5 (siehe dort das Audio).
Einige (sinngemäße) Zitate aus dem Interview
- Solange ich Frontalunterricht gemacht habe, habe ich kaum Begabungen der Kinder entdecken können.
- Als Lehrer, der Frontalunterricht macht, weiß man, das ist der gute, das ist der mittlere und das der schlechte Schüler. Das kann man natürlich so machen, aber wonach richtet man sich hierbei? Man schreibt Klassenarbeiten und danach schaut man, was die gute und schlechte Arbeit ist. Aber wo sind die Begabungen?
- Das Grundelement meines Unterrichts ist es, Kinder in ihrer Art zuzulassen, Kinder ernst zu nehmen.
- Dazu ist ein anderer Raum nötig: Arbeitsecken, Raum nicht mehr auf den Lehrer ausgerichtet, niemand darf anderen stören, ein fest installierter Stuhlkreis, die Kinder hatten ansonsten ihre Arbeitsplätze so, wie sie sie sich gesucht haben.
- Meine Aufgabe als Lehrer ist es, zu beobachten, wenn ich sehen will, wie die Kinder wirklich sind.
- Mein Unterrichtsziel ist, dass das Kind aber etwas lernen muss, indem ich es „da abhole, wo es sich befindet”.
- Schule ist dazu da, alle Begabungen zu fördern.
- Das größte Kapital des Lehrers ist die Anfangsmotivation der Kinder zu Beginn der ersten Klasse. Da sind die Kinder noch voll der Lernbegierde.
- Hochbegabte wollen nicht ausgesondert werden, sondern integriert sein in der Klasse.
- Aufgabe der Schule ist es, eine Atmoshpäre zu schaffen, wo Spaß am Lernen, Spaß am Wissen ist, und das nicht nur für den Hochbegabten, sondern für alle! So unterschiedlich die Kinder sind, was und wie viel sie an Stoff angehen. Das Gemeinsame ist, dass sie ihr angegangenes Problem herausbekommen, es schaffen. Es entsteht eine Gruppendynanik, von der man angesteckt wird.
- Lernblockaden oder Verhaltensstörungen sind oft das Ergebnis von Lernunlust.
- Bei den Beteiligten war die Angst da, wenn Lernen in meinem Unterricht Spaß macht, dass die Kinder dann nichts lernen! Lernen durfte keine Freude bereiten und musste mit Schweiß verbunden sein.
- Eltern kamen und fragten „Wann lernen unsere Kinder endlich ins Heft zu schreiben? Wann lernen sie, nicht über die Linien zu schreiben?„Es war viel Elternarbeit nötig, um den Eltern ihre großen Ängste zu nehmen.
- Mathematik habe ich in meinen letzten 4 Berufsjahren auch frei gegeben.
- Die Kinder wussten im 2. Schuljahr in Sachunterricht oft mehr als ich.
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