Wer Lehrer ist, muss Durchschnitte berechnen, Durchschnittsergebnisse, Notendurchschnitte usw. Wir alle kennen das, aber welche Aussagekraft hat ein Durchschnitt, wenn wir die Leistungsstärke von Klassen miteinander vergleichen wollen oder müssen? Gibt es womöglich andere Formeln, die hier sinnvoller wären?
Wie steht denn nun „meine” Klasse? Vergleiche mit anderen Klassen können auf zwei Ebenen erfolgen (mir fallen spontan nur diese zwei ein).
- normierte Leistungstests (Vergleich der Klasse mit landesweiten Ergebnissen)
- Tests, die man in der gleichen(!) Form in zwei oder mehr Klassen schreibt (direkter Klassenvergleich)
Auf den ersten Punkt gehe ich hier nicht weiter ein, sondern verweise auf den Artikel standardisierte Testverfahren. Was mit dem zweiten Punkt gemeint ist, denke ich, erklärt sich von alleine.
Nachdem man sich nun für eine der beiden Möglichkeiten entschieden und den Test geschrieben hat, geht es an die Auswertung. Denken wir uns einen beliebigen Test, bei dem man maximal 20 Punkte erreichen konnte. Eine fiktive Klasse A mit 11 Kindern hat folgende Ergebnisse erreicht: 3, 2, 5, 5, 8, 2, 3, 19, 18, 20, 17. Wenn wir den Durchschnitt berechnen, erhalten wir für A den Wert 9,4. Eine andere fiktive Klasse erreicht folgendes Ergebnis (der Einfachheit halber hat die Klasse auch 11 Kinder): 10, 9, 7, 8, 11, 9, 8, 10, 9, 11, 13. Der Durchschnitt der Klasse B beträgt 9,5.
Vergleichen wir jetzt nur diese beiden Durchschnitte, müssen wir den Schluss ziehen: „Das Leistungsniveau in beiden Klassen ist gleich.” Wenn wir uns die Einzelergebnisse der Kinder ansehen, müssen wir aber zu einem anderen Schluss kommen!
Hier kommt jetzt der sogenannte MEDIAN ins Spiel. Dieser statistische Wert ist die entscheidende Hilfe, wenn wir eine Gruppe mit einer anderen vergleichen wollen, um zu handfesten Aussagen zu kommen. Der Median gibt an, um welches Ergebnis herum sich die meisten anderen Testergebnisse verteilen. Das Schöne am Median ist, dass er kinderleicht zu bestimmen ist. Dazu werden alle Ergebnisse der Reihe nach aufgeschrieben. Beispiel für die Klasse A: 2, 2, 3, 3, 5, 5, 8, 17, 18, 19, 20. Nun wird der Wert heraus gepickt, der genau in der Mitte steht. Das ist die zweite 5. Der Median beträgt 5. Dieser Wert teilt das Gesamtergebnis exakt in zwei Hälften, die Hälfte, die besser und die, die schlechter abgeschnitten hat. Der Median für die Klasse B ist aber ein anderer. Er beträgt 9 und ist fast doppelt so hoch!!
Ich halte fest: Obwohl zwei Gruppen denselben Durchschnitt (statistisch auch Mittelwert / arithmetisches Mittel genannt) erreichen, müssen sie deswegen nicht gleich stark bzw. nicht denselben Median haben.
Konsequenz: Der Mittelwert ist bedeutungslos und wenig hilfreich, wenn man eine „realistischere” Einschätzung der Leistungsstärke von Gruppen ermitteln möchte. Dies gelingt aber mit dem Median.
Der Mittelwert ist leicht verzerrbar. Es reichen wenige Ausreißer, um das Gesamtergebnis nach oben oder unten zu beeinflussen. Für den Median ist es hingegen egal, ob einige Ergebnisse – bleiben wir in unserem Beispiel – nun 16, 15 oder gar 20 betragen. Ausführliche standardisierte Tests geben im übrigen immer auch den Median an. So lässt sich das Niveau der Klasse sehr gut mit dem landesweiten Niveau vergleichen.
Wie berechnet sich aber der Median, wenn eine Klasse eine gerade Anzahl an Kindern hat? Nehmen wir an eine Klasse hat 6 Kinder. Folgende Ergebnisse erreichen sie: 10, 14, 2, 9, 8, 16. Wir schreiben die Zahlen geordnet auf: 2, 8, 9, 10, 14, 16. Nun werden die zwei Werte in der Mitte addiert und danach halbiert (9+10):2, also beträgt der Median 9,5.
Wer den Median am Computer herausfinden will, muss dazu in Excel, Calc oder anderen Programmen lediglich den Befehl =MEDIAN(Anfangszelle:Endzelle) eingeben, wobei Anfangszelle das erste Ergebnis enthält z.B. C3 und Endzelle das letzte, z.B. C21, dann könnte man zum Beispiel in die Zelle C23 folgendes eintippen: =MEDIAN(C3:C21) Daraufhin erscheint der Median.
Weitere Informationen
Anmerkung
Ist es eigentlich sinnvoll, den Notendurchschnitt von einer Klassenarbeit zu berechnen? Was will uns das Ergebnis sagen? Ich denke, dass klar geworden ist, dass der Durchschnitt keine Aussagekraft hat bei der Frage nach der Leistungsstärke einer Klasse. Wenn wir jetzt nun von den Noten einen Durchschnitt errechnen, wird es richtig grotesk! Erstens weisen wir jedem Ergebnis einen Prozentwert, dem wir wiederum einen Notenwert zuweisen. Und erst danach wird der Klassenschnitt „errechnet”. Der Mittelwert bzw. Durchschnitt hat mathematisch aber nur dann einen Sinn, wenn die betrachteten Ergebnisse GLEICH verteilt sind! Bei den mir bekannte Notenskalen in der Schule sind Noten aber niemals gleich verteilt, sondern jeder Notenstufe liegt eine unterschiedlich große prozentuale Bandbreite zugrunde. Beispiel: Die Note 1 hat meist nur ein sehr schmales prozentuales Band von etwa 5–10%. Die Note 4 oder andere werden erteilt in einem Prozentband von etwa 20–25%. Jetzt den Durchschnitt bzw. den Mittelwert von einer Klassenarbeit zu berechnen, ist daher total absurd! Auch in diesem Fall hätte allenfalls der Median der Noten eine Aussagekraft.