Rechnen in Klasse 2

Gemäß den alten Lehr­plä­nen für Mathe­ma­tik wur­de mit Kin­dern im 2. Schul­jahr im Zah­len­raum bis 100 gerech­net. Obwohl uns die neu­en Rah­men­plä­ne ange­sichts der zum Teil enor­men Leis­tungs­un­ter­schie­de in den Klas­sen mehr Spiel­raum zuge­ste­hen, hal­ten vor allem die Schul­buch­ver­la­ge an der Tra­di­ti­on mit den Zah­len­räu­men fest:

Klas­se 1: Zah­len­raum bis 20
Klas­se 2: Zah­len­raum bis 100
Klas­se 3: Zah­len­raum bis 1000
Klas­se 4: Zah­len­raum bis 1.000.000

Die­se Woche nahm ich an der 48. Jah­res­ta­gung der Gesell­schaft für Didak­tik der Mathe­ma­tik (GDM) teil, wo u.a. kri­ti­siert wur­de, dass in Schu­len an die­sen Zah­len­räu­men fest­ge­hal­ten wer­de. Erfah­run­gen vor allem aus der Dys­kal­ku­lie-The­ra­pie in Öster­reich sprä­chen für eine Öff­nung der Zah­len­räu­me. Die Mathe­ma­ti­ker sind hier ganz offen­bar der Schul­rea­li­tät um eini­ge Jah­re vor­aus. Wenn ich mir „mei­ne” Klas­se anse­he, befür­wor­te ich es, wenn wir auf die für die Kin­der künst­lich erschaf­fe­nen Zah­len­räu­me ver­zich­ten wür­den. So habe ich in der der­zeit 2. Klas­se meh­re­re Kin­der, die pro­blem­los wie Dritt- und Viert­kläss­ler rech­nen, aber auch Kin­der, die bei einer Auf­ga­be wie 11–9 trotz inten­si­ver Unter­stüt­zung in Schu­le und zu Hau­se noch „nach­den­ken” müssen.

1. Grundlegendes zu den Lernstufen

Eine ganz wesent­li­che Erkennt­nis kogni­ti­ven Ler­nens ist die Unter­schei­dung zwischen

  1. Ver­ste­hen / Begrei­fen und
  2. Auto­ma­ti­sie­ren / Üben .

Hier­zu habe ich zuletzt im Arti­kel Blitz­rech­nen etwas geschrie­ben. Ganz all­ge­mein kann gesagt wer­den: Wer nicht ver­stan­den hat, was er tut, der kann nicht auto­ma­ti­siert üben. Zur Auto­ma­ti­sie­rung zählt auch das Kopf­rech­nen. Hier bege­hen vor allem die Eltern einen sehr gro­ßen Feh­ler, die mit ihrem Kind zu früh Kopf­rech­nen üben! Auf der Mathe-Tagung sag­te ein Refe­rent: Jeder Leh­rer ken­ne wohl den Satz: ‘Ja, aber zu Hau­se kann mein Kind es’. Was hier in vie­len Fäl­len zu Hau­se gesche­he, sei fol­gen­des: Dem Kind wird ein ganz bestimm­ter Weg (ein Koch­re­zept) gezeigt und das Kind soll nun die­sen Weg von „Mama oder Papa” nach­ge­hen. (Ler­nen durch Nach­ah­men ist wenig hilf­reich bei kogni­tiv anspruchs­vol­len Pro­zes­sen, bei denen es um Ver­ste­hens­pro­zes­se geht.) Am nächs­ten Tag in der Schu­le ist die­ses Koch­re­zept wie­der ver­ges­sen, weil es letzt­end­lich viel zu abs­trakt ist ins­be­son­de­re für rechen­schwä­che­re Kin­der! Zu Hau­se erklä­ren es die Eltern dann noch ein­mal und es heißt dann wie­der: „Ja, aber zu Hau­se kann mein Kind es.”

Was dem Kind hier fehlt, ist ein prak­ti­sches Ver­ständ­nis des Rechen­we­ges (Grund­vor­stel­lun­gen[!!], sie­he unten). Um die­se Grund­vor­stel­lung kommt kein Kind her­um, wenn es lang­fris­tig sicher rech­nen will und soll! Denn, sobald sich das Kind vor­stel­len kann, wie es im Kopf mit geeig­ne­tem Mate­ri­al rech­net, kann es die­ses Wis­sen viel eher aktivieren.

Für den Auf­bau von Grund­vor­stel­lun­gen braucht es

  1. pas­sen­des Anschau­ungs­ma­te­ri­al, das RICHTIG genutzt wird,
  2. Zeit – bei man­chen Kin­dern viel Zeit – und
  3. die rich­ti­ge Vorgehensweise.

Mit Wor­ten wie „Komm, ich erklä­re(!) dir, wie du es machen musst” ist vor allem rechen­schwa­chen Kin­dern nicht geholfen.

2. Grundlegenes zu den Zahlen

Natür­li­che Zah­len las­sen sich aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven betrach­ten. Man spricht hier vom sog. Zah­l­aspekt. Die für die­sen Arti­kel rele­van­ten Zah­l­aspek­te sind

* Der ordi­na­le Zahlaspekt

Der ordi­na­le Zah­l­aspekt meint die Ord­nung der Zah­len, so wie sie bei­spiels­wei­se am Zah­len­strahl herrscht. Die Zah­len sind hier auf­ge­reiht, haben Vor­gän­ger und Nach­fol­ger u.v.a.m.

* Der kar­di­na­le Zahlaspekt

Der kar­di­na­le Zah­l­aspekt betrach­tet immer die Men­ge von Zah­len, zum Bei­spiel die Anzahl der Äpfel und Bir­nen auf der Wie­se, die Anzahl der Kin­der in einer Klas­se etc.

3. Wie überprüfe ich, ob ein Kind einen Sachverhalt verstanden hat?

Hier hilft mir das Kon­zept der Grund­vor­stel­lun­gen weiter.

Es beschreibt einen Ansatz, der vor­han­de­ne, kor­rek­te Vor­stel­lun­gen der Schü­ler bestärkt und neue Vor­stel­lun­gen erfahr­bar macht [indem mit kon­kre­tem Mate­ri­al gear­bei­tet wird. Daher auch der Begriff „beGREI­FEN” (Anm. Breu­ning)]. Das Ziel ist ein ver­ständ­nis­ori­en­tier­ter Erwerb von mathe­ma­ti­schen Begrif­fen und Ver­fah­ren. (Quel­le: Wiki­pe­dia)

Grund­vor­stel­lun­gen müs­sen Kin­der in die­sen drei Berei­chen erwerben:

  1. Zah­len (z.B. die Zah­l­aspek­te oben(!!), Dezi­mal­schreib­wei­se, Zah­len kön­nen zusam­men­ge­setzt und wie­der in ver­schie­de­ne Ein­zel­tei­le zer­legt wer­den, z.B. 25 besteht aus 2 Z und 5 E, aber auch aus 1 Z und 15 E oder nur 25 E)
  2. Rechen­ope­ra­tio­nen (z.B. kann das Minus-Zei­chen bedeu­ten: Weg­neh­men, Ergän­zen oder Ver­glei­chen, indem der Unter­schied gebil­det wird)
  3. Rechen­stra­te­gien (z.B. Ver­dop­peln, Hal­bie­ren, Weiterzählen)

Ganz zen­tral ist, dass ein Kind mir erklärt, WIE es rech­net. Dazu wird anfangs immer das Mate­ri­al genutzt. Ein Bei­spiel: Auf dem Tisch lie­gen 3 Zeh­ner­stan­gen und 4 Einer­wür­fel und es soll nun +20 gerech­net wer­den. Das Kind könn­te viel­leicht fol­gen­des erklären:

Ich neh­me noch zwei Zeh­ner­stan­gen und lege sie dazu. Dann habe ich vierundfünfzig.”

Die für die­se Arbeit ein­ge­setz­ten Die­nes-Wür­fel (sie­he unten) for­cie­ren gleich­zei­tig, dass sich die Kin­der vom zäh­len­den Rech­nen lösen und ihre Vor­stel­lung davon auf­ge­ben, dass die Addi­ti­on aus­schließ­lich ein „Vor­wärts­ge­hen” und die Sub­trak­ti­on ein „Rück­wärts­ge­hen” sei. Es zwingt zum Den­ken im Dezi­mal­sys­tem. Die Die­nes-Wür­fel hei­ßen nicht ohne Grund „Dezi­mal-Sys­tem­blö­cke”. 😉

Zu einem spä­te­ren Zeit­punkt machen wir das dann mit Sicht­schutz. Unter einem Tuch lie­gen die 34 und ich lege unter das Tuch die 2 Zeh­ner­stan­gen. Das Kind hat nun nicht mehr das Ergeb­nis vor Augen. Zu einem spä­te­ren Zeit­punkt sagt mir(!) dann das Kind, wie ich beim Rech­nen mit dem Mate­ri­al vor­ge­hen muss und ich lege das Mate­ri­al so, wie ich es gesagt bekomme!

Das bedeu­tet: Sobald ich fest­stel­le, dass das Kind im Kopf die Mate­ri­al­hand­lung durch­füh­ren kann, dann kann ich davon aus­ge­hen, dass es eine Grund­vor­stel­lung davon erwor­ben und „es” begrif­fen hat.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zu Grund­vor­stel­lun­gen bei: Wartha/Schulz – Auf­bau von Grund­vor­stel­lun­gen (nicht nur) bei beson­de­ren Schwie­rig­kei­ten im Rech­nen (unten bei Punkt 4)

4. Didaktische Reihenfolge

In die­sem Schul­jahr habe ich wie­der sog. Lern­ge­sprä­che mit Kin­dern durch­ge­führt. Dies­mal wur­den die­se Gesprä­che auf Video doku­men­tiert, um sie auch für mei­ne Arbeit an der Uni Koblenz nut­zen zu kön­nen. Dank der Vide­os konn­ten wir erken­nen, dass die farb­lo­sen Die­nes-Wür­fel (Dezi­mal-Sys­tem­blö­cke) bei schwä­che­ren Schü­lern ten­den­zi­ell geeig­ne­ter waren als der Rechen­rah­men. Wie­der­um zeig­te sich der Rechen­rah­men bei bestimm­ten Aspek­ten vor­teil­haf­ter für man­che Kinder.

Gene­rell gilt: Jedes Mate­ri­al muss RICHTIG benutzt wer­den. Es wird nicht durch zufäl­li­ges Han­tie­ren beim Kind zur Erkennt­nis füh­ren! Es hilft auch nicht, wenn ein Kind eine Hand­lung ewig und unend­lich wie­der­holt. Wenn das Kind sei­ne eige­nen Hand­lun­gen mit­spricht und erklärt, för­dert das den Erkenntnisprozess!

War­nung: Die fol­gen­den Punk­te MÜSSEN han­delnd am Mate­ri­al erfol­gen. Sie dür­fen nicht stumpf­sin­nig abge­ar­bei­tet wer­den! Sie MÜSSEN fle­xi­bel und situa­ti­ons­ge­recht gehand­habt werden!

    • 20 + 30 oder 60 – 10
    • 53 + 20 oder 71 – 40
    • 43 + 8 oder 93 – 3 (hier­bei am Ende 10 Einer­wür­fel in eine Zeh­ner­stan­ge ein­tau­schen!)
    • 62 – 5 oder 47 + 4 (hier­für muss immer eine Zeh­ner­stan­ge in 10 Einer ein­ge­tauscht wer­den! Mathe­ma­tisch voll­zieht sich hier das sog. Bün­deln und Ent­bün­deln, das spä­ter in Klas­se 3/4 sehr, sehr, seeee­ehr wich­tig wird!)
    • 53 – 9, 27 + 11 oder 83 – 12 (mit 8, 9, 11, 12: Erkennt das Kind die Nähe zur 10 und kann schon die­sen Rechen­vor­teil nut­zen? Am Mate­ri­al Zeh­ner ein­tau­schen!)
    • 24 – 19, 69 + 22 (ähn­lich wie oben, jetzt aber durch­ge­hend mit 10er-Übergang)
    • 100er-Freun­de”: 54 + 46 = 100 Hier­für eig­net sich beson­ders der Rechenrahmen!

Anmer­kung: Bevor mit Kin­dern der­art gerech­net wer­den kann, ist es erfor­der­lich, eine Grund­vor­stel­lung zur Dezi­mal­schreib­wei­se unse­rer Zah­len aufzubauen!

Beson­ders inter­es­sant wird es bei Auf­ga­ben, wie 52 – 49 oder 71 – 69. Gelingt es dem Kind hier aus dem kar­di­na­len Zah­l­aspekt situa­tiv in den ordi­na­len zu wech­seln? Dafür müss­te es in der Erklä­rung sei­nes Rechen­we­ges z.B. einen der fol­gen­den Wege nen­nen kön­nen: „Ich gehe drei Schrit­te zurück” (Grund­vor­stel­lung zu Rechen­stra­te­gien) oder „52 ist 3 mehr als 49” (Grund­vor­stel­lung zur Sub­trak­ti­on). Die Fähig­keit eines Kin­des im Kopf den kar­di­na­len und ordi­na­len Zah­l­aspekt wech­seln zu kön­nen, stellt einen „Höhe­punkt” im Reche­n­er­werb dar! Hel­fen kann(!) hier in man­chen Fäl­len der Zahlenstrahl.

Hin­weis: Beim Addie­ren kön­nen Zeh­ner und Einer getrennt von­ein­an­der addiert wer­den, z.B. 43 + 28 = 40 + 20 und 3 + 8 . Beim Sub­tra­hie­ren gelingt die­ser Weg nicht, solan­ge das Kind nicht mit nega­ti­ven Zah­len rech­net, wozu man­che Kin­der pro­blem­los und von sich aus(!) in der Lage sind. Ich emp­feh­le daher, dass lang­sa­me­re Kin­der ohne beid­sei­ti­ge Zahl­zer­le­gung sub­tra­hie­ren, d.h. 83 – 12 = 83 – 10  und ‑2 oder ‑2 und ‑10.

Erst wenn Kin­der die ent­spre­chen­den Punk­te (sie­he oben) am Mate­ri­al nach­voll­zie­hen und erklä­ren kön­nen, ist es Zeit für das Üben die­ser Teil­schrit­te auf Papier und etwas spä­ter kommt es dann auch end­lich zum Kopfrechnen!

5. Schlussbemerkung

Ich hof­fe, dass ich durch die­sen Arti­kel ver­deut­li­chen konn­te, dass das Kopf­rech­nen NIEMALS nur das Aus­wen­dig­ler­nen von Zah­len bedeu­ten kann, wenn Kin­der in Mathe­ma­tik zu siche­ren Rech­nern wer­den sollen.

6. Wei­ter­ge­hen­de Informationen

13 Kommentare

  1. Eine Anmer­kung zu den Schul­bü­chern: Hier ist mit Sicher­heit ein Fak­tor, dass bei Wei­tem nicht alle Bun­des­län­der hier eine Öff­nung des Spiel­raums vor­se­hen. In NRW z.B. ist für Ende Klas­se immer noch der Zah­len­raum bis 100 vor­ge­se­hen. Natür­lich ist die Beherr­schung eines grö­ße­ren Zah­len­raums nicht ver­bo­ten, wird aber mit kei­ner Sil­be erwähnt.
    Da sich jeder Ver­lag den Luxus leis­tet und mit­un­ter 5 Lehr­wer­ke zu einem Fach im Port­fo­lio hat, die­se jedoch nicht auch noch für jedes Bun­des­land ange­passt wer­den sol­len, wer­den hier wohl Kom­pro­mis­se eingegangen.

    Schön fin­de ich, dass Du betonst, dass han­delnd mit dem Kind gear­bei­tet wer­den muss und nicht das Kind stumpf Arbeits­heft um Arbeit­heft oder Sta­ti­on um Sta­ti­on abar­bei­ten soll. In den Zei­ten von Flex, Floh, Ein­s­tern und wie die gan­zen „dif­fe­ren­zier­ten” Lehr­wer­ke hei­ßen, ver­kommt der Mathe­ma­tik­un­ter­richt zu einer „Ich-arbeite-meine-Hefte-ab”-Stunde, in der Dif­fe­ren­zie­rung und Indi­vi­dua­li­sie­rung dar­in besteht, dass jedes Kind auf einer ande­ren Sei­te rechnet.

    1. Dem stim­me ich voll zu, Flo­ri­an. Das Pro­blem ist aber auch, dass Mathe­ma­tik viel kom­pli­zier­ter ist, als man sich gemein­hin vor­stellt: „Pffff, das biss­chen Grund­schul­ma­the­ma­tik kann doch jeder!” Ich kann ver­ste­hen, wenn man auf Num­mer „Sicher” geht und die „Lehr­wer­ke” nutzt, sei­en sie für rechen­schwa­che Kin­der auch noch so wenig hilf­reich. Ach ja, auch die Schul­bü­cher beka­men ihren Teil auf der Tagung ab. 😉 Ich den­ke, dass vor allem wir Leh­rer gera­de im Bereich „Rechen­stö­run­gen” viii­iel bes­ser aus­ge­bil­det sein müss­ten, da man vor allem hier lernt, WIE Kin­der rech­nen, wel­che Pro­ble­me es geben kann und wel­che Hil­fe­stel­lun­gen man anbie­ten muss. Viel­leicht wür­de dabei auch ein Schul­buch-Ver­bot helfen 😉 

      Manch­mal fra­ge ich mich, was aus zwei ehe­ma­li­gen Schü­le­rin­nen gewor­den wäre, wenn ich im letz­ten Durch­gang das Wis­sen gehabt hät­te, das ich heu­te habe. Gut, auf der ande­ren Sei­te, geht mir gera­de durch den Kopf, was fand Hat­tie her­aus: Die Intel­li­genz eines Kin­des ist der zen­tra­le Fak­tor für Lern­erfolg. Erst danach kommt der Ein­fluss des Leh­rers – aber immerhin!

      BTW Ich habe im Arti­kel seit dei­nem Kom­men­tar noch man­che Ver­än­de­rung und vor allem Ergän­zung vorgenommen. 😉

  2. Ich möch­te dich mal ein­la­den, dir die Mate­ria­li­en von Maria Montesso­ri zu zei­gen! Du wirst viel­leicht den einen oder ande­ren AHA-Effekt haben! Mich wun­dert immer, das die Didak­ti­ker so tun, als hät­ten sie soeben das Ei des Kolum­bus ent­deckt, dabei ist der han­deln­de Umgang mit dem Mate­ri­al, das genaue aus­füh­ren der Übun­gen (und nicht irgend­wie) und die Ent­wick­lung einer siche­ren Vor­stel­lung im Zah­len­raum Grund­la­ge bei MM. Der Zah­len­raum wird bis zu Mil­lio­nen und dar­über hin­aus erwei­tert, sobald die Kin­der das dezi­ma­le Sys­tem erfasst haben. Ganz beson­ders toll sind die Übun­gen, bei den das Umwech­seln geübt wird. Das Mate­ri­al dafür sind „gol­de­ne Per­len” (wie Die­nes Wür­fel, aber eben Kugeln): für 10 E bekom­me ich 1 Z, für 10 Z bekom­me ich 1 H und für 10 H bekom­me ich einen 1 T usw. Dabei haben die Stel­len­wer­te immer bestimm­te Far­ben, die ich schon in Lehr­wer­ken wie­der gefun­den habe (ohne Erwäh­nung der Quel­le): E sind grün, Z sind blau und H sind rot. Ein­tau­sen­der dann wie­der grün, Zehn­tau­sen­der dann wie­der blau und Hun­dert­tau­sen­der wie­der blau usw. Auf den Rechen­rah­men tau­chen die­se Far­ben wie­der auf, eben­so auf dem gro­ßen Mul­ti­pli­ka­ti­ons­brett und in der „Apo­the­ke”, mit der sechs­stel­li­ge Zah­len durch Tau­sen­der geteilt wer­den können.
    Die Auf­ga­ben des klei­nen 1+1 und 1x1 wer­den übri­gens solan­ge han­delnd „geübt”, bis sie aus­wen­dig gekonnt werden.
    Ins­ge­samt nimmt das Mate­ri­al sehr viel von der Angst vor Mathe­ma­tik, denn es ist alles sehr logisch und ich kann das Mate­ri­al sogar zur Dia­gno­se ver­wen­den: bei jedem Mate­ri­al kommt nur eine Schwie­rig­keit hin­zu (die soge­nann­te Iso­la­ti­on der Schwie­rig­keit) Wird es also nicht gekonnt, gehe ich zurück zu einem Mate­ri­al, mit dem so lan­ge geübt wird, bis die nächs­te Stu­fe erreicht wer­den kann. Ganz einfach 😉

  3. Ja, das kön­nen wir ger­ne in nächs­ter Zeit tun.

    Die Fra­ge, die sich mir gera­de stellt: Ent­ste­hen durch die Arbeit mit dem Montesso­ri-Mate­ri­al weni­ger rechen­schwa­che Schü­ler oder nicht? Gibt es hier­zu Untersuchungen?

    1. Ich den­ke, das ist nicht die Fra­ge, denn schließ­lich hängt es ja von der Intel­li­genz des Schü­lers ab, wie du ja oben schreibst 😉 Das zu unter­su­chen wäre sicher schwie­rig, denn es gibt ja kei­ne Ver­gleichs­grup­pe, die reprä­sen­ta­tiv ist. MM-Schu­len sind ja rar und häu­fig pri­vat etc. Für mich ist es eher die Fra­ge nach einer zuver­läs­si­gen Metho­de, mit der ich mich sicher füh­le, die logisch und mathe­ma­tisch sinn­voll auf­ge­baut ist und viel Eigen­ak­ti­vi­tät zulässt. Dies kommt den Kin­dern ent­ge­gen und wird ja zuneh­mend auch von den Wis­sen­schaft­lern „ent­deckt”.
      Sag mal bescheid – ich füh­re dich ger­ne mal durch die Materialien!

  4. Hal­lo Kathrin, 

    Mareks Fra­ge nach den Unter­su­chun­gen zur Lern­wirk­sam­keit der M.M.-Materialien schlie­ße ich mich an – und die Mate­ria­li­en wür­den mich auch sehr interessieren!

  5. Oha! Das ging ja schnell, Kath­rin! 😉 Der Text liest sich in der Tat sehr erfreu­lich. Dem müss­te „man” nun noch wei­ter nachgehen.

    Ich bin gespannt, wenn ich mir das alles mal bei dir angucke.

  6. Als ob VERA ein aus­sa­ge­kräf­ti­ges Instru­ment dafür wäre, den Lern­erfolg einer Methode/eines Mate­ri­als zu bewer­ten!? Wir soll­ten weder uns noch das ver­wen­de­te Mate­ri­al über­schät­zen. Mon­te sieht viel­leicht schön aus, hilft aber kei­nes­falls den Auf­bau von mathe­ma­ti­schen Grund­vor­stel­lun­gen zu unter­stüt­zen. Im Gegen­teil, gel­le Herr Wartha…?

    1. Peter Pan, ich tei­le aus eige­ner Erfah­rung her­aus dei­ne Beden­ken, zu viel Hoff­nung ins Mate­ri­al zu legen. Ich ver­mu­te, dass das zum Teil bes­se­re Abschnei­den von Montesso­ri-Schu­len bei VERA eher von ande­ren Fak­to­ren abhän­gen könn­te. Dass sich an sol­chen Pri­vat- bzw. Frei­en Schu­len eher „bil­dungs­na­hes” Kli­en­tel sam­melt, ist gemein­hin bekannt. Und wie sehr die­ser Fak­tor für den Lern­erfolg im deut­schen Schul­sys­tem mit­ent­schei­dend ist, bele­gen uns die PISA-Ergeb­nis­se eindrucksvoll.

      Selbst­ver­ständ­lich – dar­auf spielst du auch an – hängt schu­li­scher Lern­erfolg maß­geb­lich von der Intel­li­genz des Kin­des ab (sie­he oben). Wir Leh­rer kön­nen Lern­erfolg nicht „MACHEN”. Auch dar­in stim­me ich dir zu! Es gibt kei­ne nar­ren­si­che­ren Rezep­te. Nichts­des­to­trotz müs­sen wir fach­lich „was auf dem Kas­ten” haben. Denn: Wir sol­len und müs­sen die Türen für die Kin­der öff­nen, ihnen alles not­wen­di­ge Rüst­zeug an die Hand geben, sie gut auf den nächs­ten Schritt vor­be­rei­ten, aber den ent­schei­den­den Schritt hin zur Erkennt­nis (Ver­ste­hen und Begrei­fen), den kann kein Leh­rer sei­nen Schü­lern abnehmen. 

      Anmer­kung: Wenn einem Kind die­ser ent­schei­den­de Schritt nicht gelingt, besteht die Kunst dar­in, unter­schei­den zu ler­nen und die rich­ti­gen Kon­se­quen­zen dar­aus zu zie­hen, ob der Grund hier­für eine noch nicht vor­han­de­ne Ent­wick­lungs­rei­fe des Kin­des oder eher man­geln­de Intel­li­genz sein könn­te. Hier kön­nen uns sicher­lich auch die gän­gi­gen Dia­gno­ses­tests, wie z.B. BUEGA, wei­te­re Hin­wei­se liefern.

  7. Ich habe vor eini­ger Zeit irgend­wo gele­sen (wenn ich doch wüss­te, wo!),
    dass es mög­lich wäre,
    in der ers­ten Klas­se im Zah­len­raum bis 100 OHNE Zeh­ner­über­gang zu rech­nen, dafür das Stel­len­wert­sys­tem zu festigen,
    um dann in der zwei­ten Klas­se den Zeh­ner­über­gang zu trainieren.
    Ich fand den Gedan­ken sehr reiz­voll und auch die Begrün­dung war sehr plau­si­bel. Das Pro­blem, dass man durch die fest­ge­leg­ten Zah­len­räu­me fest­hängt, ist dadurch nicht gelöst, aber es eröff­net gewis­sen Spiel­raum in der ers­ten Klas­se, wobei für Klas­se 2 wie­der neue Schwie­rig­kei­ten auf­tau­chen könn­ten. Trotz­dem machen man­che Din­ge im Zah­len­raum bis 20 ein­fach noch wenig Sinn, Zusam­men­hän­ge erschlie­ßen sich oft erst im Zah­len­raum bis 100.
    Ich habe in der ers­ten Klas­se mit mei­nen Schü­lern so schön mit Eier­kar­tons und Pla­tikei­ern das Bün­deln geübt, und immer war bei 20 Schluss. Nach eini­gem Pro­test hat­ten wir ganz schnell 100 Eier zusam­men, was Zufrie­den­heit, Stolz und Erstau­nen zur Fol­ge hat­te, sicher­lich aber kei­ne Überforderung.

    Zum Montesso­ri-Mate­ri­al ist mir fol­gen­des ein­ge­fal­len: Ich habe da, war­um auch immer, einen Schwer­punkt im Examen gehabt, obwohl ich vor­her NIEMALS ein Semi­nar dazu besucht hat­te. Den Rück­stand ver­such­te ich mit klei­nen Film­chen auf­zu­ho­len. Und schon sah ich Erst- und Zweit­kläss­ler mit Mon­te-Mate­ri­al Auf­ga­ben mit sech­stel­li­gen Zah­len rech­nen – es wird wohl das Per­len­ma­te­ri­al gewe­sen sein. Auf einem Stel­len­wert­brett wur­de mun­ter getauscht, gescho­ben und gezählt, bis die rich­ti­ge Zahl her­aus­kam. Was 100.000 wirk­lich sind, begrei­fen auch älte­re Kin­der kaum, aber wenn ein Kind ein Sys­tem so ver­stan­den hat, dass es Auf­ga­ben bewäl­ti­gen kann und rich­ti­ge Ergeb­nis­se bekommt, scheint mir der Wert des Mate­ri­als doch recht hoch.

    Ich habe nur ganz wenig Unter­richts­er­fah­rung in Mathe­ma­tik und unter­rich­te das Fach auch gra­de nicht. Außer­dem bin ich noch „fach­fremd”, zumin­dest habe ich es nicht stu­diert. Daher ver­su­che ich immer, mir viel anzu­le­sen und kri­tisch zu betrach­ten und zu hin­ter­fra­gen. Wenn ich da jetzt irgedn­wo einen Bock geschos­sen habe in mei­nen Aus­füh­run­gen, bin ich über einen Hin­weis dank­bar, wenn es denn mit Nach­sicht geschieht…

    Vie­len Dank für die Anre­gun­gen, ich lese hier immer mal wie­der rein!
    Gruß
    Britta

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