Um Erwachsene in die Hürden der Rechtschreibung eintauchen zu lassen, so wie sie sich für Kinder darstellen, empfehle ich das sogenannte Kosog’sche Diktat. Dieses Diktat enthält die meisten Zweifelsfälle, denen man begegnen konnte (kann?). Es wurde im Jahre 1912 von Oskar Kosog verfasst, der damit darauf hinweisen wollte, dass die Rechtschreibung dringend reformbedürftig sei. Der Text ist noch nach der alten Rechtschreibung verfasst. Eine Lösung des Textes nach der neuen Rechtschreibung finden Sie am Ende des Artikels.
Nun heißt es: Einen Vorlesepartner holen und „an die Stifte, fertig, los!”
Aus dem Testamente einer Mutter
Liebe Kinder,
heute nacht nahm ich mir vor, Euch diesen Morgen einige Lehren fürs Leben des nähern niederzuschreiben. Leset sie oftmals durch, so werdet Ihr Euch bei Gelegenheit des Näheren entsinnen und danach handeln.
Zwar kann ich Euch nur etwas weniges hinterlassen, aber Euch etwas Gediegenes lernen zu lassen, dazu habe ich mein Bestes, ja mein möglichstes getan. Ihr seid alle gut im Stande, so daß Ihr imstande seid, Euch redlich durchzuschlagen. Sollte jedoch einer von Euch in Nöten sein, so ist es durchaus vonnöten, daß Ihr Euch gegenseitig helft. Seid stets willens, Euch untereinander zu Willen zu sein. Irrt einer von Euch, so sollen die übrigen ihn eines anderen, und zwar eines Besseren zu belehren versuchen.
Achtet jedermann, Vornehme und Geringe, arm und reich. Seid keinem feind; denn jemandes Feind sein, bringt oft Unheil. Tut niemand ein Leid an, so wird man Euch nicht leicht etwas zuleide tun.
Euer seliger Vater sagte oft zu seinen Schülern: „Tut nie Böses, so widerfährt Euch nichts Böses.” Macht Euch eine abrahamsche Friedfertigkeit zu eigen, indem Ihr im Streit nach dem Abrahamschen Wort handelt: „Gehst Du zur Rechten, so gehe ich zur Linken”. Wer von Euch der klügste sein will, der handle nach dem Sprichwort: „Der Klügste gibt nach.” Tut nie unrecht, seid Ihr aber im Recht, so habt Ihr recht, ja das größte Recht, wenn Ihr Euer Recht sucht, und Ihr werdet dann im allgemeinen auch recht behalten.
Laßt nichts außer acht, ja außer aller Acht, wenn Ihr Freundschaft schließt. Wählt nicht den ersten besten als Freund und sorgt, daß Ihr unter Euern Mitarbeitern nie die letzten seid. Wollt Ihr Wichtiges zuwege bringen, so müßt Ihr ernstlich zu Werke gehen.
Sucht auf dem laufenden zu bleiben und zieht nie eine ernste Sache ins Lächerliche; denn etwas Lächerliches gibt es nicht. Verachtet nie das Leichte, dann wird es Euch schließlich ein leichtes, auch das Schwierigste zu überwinden.
Es ist aber das schwierigste, daß man sich selbst bezwingt. Seid Ihr in einer Angelegenheit im dunkeln, so übt Vorsicht, denn im Dunkeln stößt man leicht an. Seid auch im Geringsten nicht im geringsten untreu.
Zum letzten rate ich Euch folgendes: Befolgt das Vorstehende, so braucht Euch nicht angst zu sein; ohne Angst könnt Ihr dann zu guter Letzt auf das beste standhalten, auf das Beste hoffen und zeit Eures Lebens dem Schicksal Trotz bieten.
Ausgebildete Lehrer schreiben den Text mit durchschnittlich 14 Fehlern.
Bei Wikipedia finden Sie die Lösung des Textes nach der neuen Rechtschreibung seit 1996.