„Eine neue Studie zeigt, wie unzuverlässig Schulnoten sind. Schriftliche Beurteilungen allerdings sind es auch. Ende der vierziger Jahre gab der Deutschdidaktiker Robert Ulshöfer einen einzigen Abituraufsatz an 42 Lehrer zur Benotung. Das Urteil der Lehrer verteilte sich über das ganze Zensurenspektrum von 1 bis 6. Im Jahr 1981 wurde Ulshöfers Experiment vom Erziehungswissenschaftler Gottfried Schröter wiederholt. Schröter untersuchte die Notenvergabe durch 11.000 Grund- und Hauptschullehrer. Mehr als zehn Prozent der benoteten Aufsätze wurden mit Noten zwischen »sehr gut« und »ungenügend« bewertet. Auch ein Schwung identischer Aufsätze, der einer kleineren Gruppe von Gymnasiallehrern vorgelegt wurde, bekam Noten wie aus dem Zufallsgenerator. … Verteidiger der Ziffernnoten wenden gern ein, Deutschaufsätze zu beurteilen sei nun einmal subjektiv. Doch auch Studien über die Notengebung in anderen Fächern, selbst in Mathematik, bringen Streuungen der Zensuren von 1 bis 5 an den Tag.”
Zum vollständigen Artikel vom 14.6.2006: Schlechte Zensur für Noten
Der Landeselternbeirat von Rheinland-Pfalz fordert von Bewertungen, dass
- sie motivieren und nicht demotivieren sollen. Wichtiger als die Bewertung sei das Wecken zu Lerninhalten für das spätere Leben.
- im Mittelpunkt die individuelle Leistung des Kindes stehen solle und nicht der Bezug zur Klasse oder anderen Bezugssystemen [„Wie steht mein Kind?” meint meist: „Wie gut ist mein Kind in der Klasse?” Individuelle Entwicklungen werden kaum mehr gewürdigt, wenn sie nicht im Gesamtkontext der Klasse „passen”; Anm. v. Skolnet.de]
- sie die Komplexizität eines Menschen erfassen. Eindimensionale Skalen wie Noten seien dazu ungeeignet.
- kompetenzorientierte Bewertungsformen eingeführt werden müssen. („Ich kann…”)
(aus: Landeselternbeirat 01/2010, Seite 12ff.)
„Kinder wollen stets gut und tüchtig sein, wenn sie noch nicht verzogen worden sind; und diese hohe Anfangsmotivation, etwas leisten zu wollen, muss Schule möglichst lange zu erhalten trachten. Am besten gelingt ihr das … mit Notenfreiheit. Wenn man deutschen Eltern erzählt, dass kleine Kinder besser ohne Noten lernen, ältere aber besser mit Noten, dann glauben sie nur das Zweite. Und wenn man ihnen dann berichtet, dass schwedische Schüler bis zur Klasse 8 keine Noten bekommen und dass Schweden sowohl bei der TIMSS-Studie international auf Platz 1 stand als auch bei der nach PISA folgenden IGLU-Studie, dann verstehen sie die Welt nicht mehr, jedenfalls mehrheitlich. So tief steckt in der deutschen Seele die Vermutung, ohne Druck und ohne bescheinigte Niederlagen ließe sich nichts lernen. …weil offenbar Kinder nicht freiwillig lernen wollen, obschon sie doch (wie uns auch die Neurobiologie bescheinigt) in Wirklichkeit geborene Lerner sind.” (aus: Peter Struck, Die 15 Gebote des Lernens)
Zum Nachdenken: Motivieren oder demotivieren schlechte Noten Kinder in der Grundschule für das Lernen? Wie fühlt man sich als Elternteil und wie geht man damit, wenn der Frust der Kinder immer größer wird, weil das „Lernen” für Tests nicht den gewünschten Erfolg zeigt?
siehe auch: Irrtümer übers Lernen („Um etwas beherrschen zu wollen, ist Begeisterung und Zeit nötig. Nicht immer muss es Übung sein, im Sinne von Auswendiglernen oder sturem Wiederholen. Zeitdruck behindert verstehendes Lernen.)